„Die Sprache ist wie eine Kette… „
Die Sprache verbindet Menschen wie eine Kette, die zwei oder mehr Personen verbinden kann. Ist es nicht so, dass manchmal ein Wort reicht damit ihr euch zu Hause oder zu einer anderen Person hingezogen fühlt? Reicht ein trockenes kurzes „Moin“ nicht dazu schon aus? Wenn ja, warum ist das so?
Mit „Moin“ begrüßt wir uns, also die Menschen, die in Norddeutschland Leben, und dadurch ist es Teil unserer Sprache und unserer Region. „Moin“ gehört also zu unserer Identität, weil es etwas über uns aussagt und zwar, dass wir in Norddeutschland leben oder gelebt haben. Treffen wir jetzt jemand anderen an einem fremden Ort, der „Moin“ sagt, dann wissen wir, dass dieser Mensch aus der gleichen Region kommt und das wir mit ihm etwas gemeinsam haben. „Moin“ verbindet Menschen. Dabei ist es egal, ob es Teil einer normierten Standardsprache, einer Regionalsprache oder einem Dialekt ist. Alles drei sind Sprachen, die Intimität und Zusammengehörigkeit schaffen können.
Standardsprache, Dialekt und Regionalsprache? Was sind die Unterschiede?
Die bekanntesten Sprachen sind diejenigen, die in der Schule unterrichtet werden. Diese Sprachen sind genormt. Dass heißt sie besitzen eine Rechtschreibung und eine Grammatik, die im gesamten Land gleich ist. In Norddeutschland ist also das Hochdeutsch, das in der Schule gelehrt wird und mit dessen Hilfe 99% der geschriebenen Texte verfasst werden, eine Standardsprache. Sie ist der genormte Standard, der ein gesamtes Land verbindet und für eine einfache Kommunikation sorgt.
Ein Dialekt ist eine Sprache, die sich durch ihre Grammatik, ihre Aussprache und ihrem Vokabular von der Standardsprache unterscheidet und in einem eingegrenzten Gebiet oder in einer sozialen Schicht oder Gruppe vorkommt. (Trugdill 2006:119) Dialekte besitzen eine eigene Grammatik, diese kann sich aber von Dorf zu Dorf und von Person zu Person unterscheiden, da diese nicht genormt ist. Ein Dialekt ist ein Kommunikationsmittel, das die Menschen einer bestimmten Region miteinander verbindet.
Doch es gibt Sprachvariationen, die nicht einem Dialekt und nicht einer Standardsprache zugeordnet werden können. Sie ähneln zu sehr dem Standard, um zu einem Dialekt zu gehören, aber sie unterscheiden sich auch zu sehr vom Standard, um zur Standardsprache zu gehören. Kennt ihr solche Wörter? Sie sind wahrscheinlich Teil der euch (un)bekannten Regionalsprache, eine regionale Variante der Standardsprache.
Eine Regionalsprache besitzt größtenteils die gleiche Grammatik, die gleiche Aussprache und die gleichen Wörter wie die Standardsprache. Allerdings unterscheidet sie sich zum Beispiel von der Standardsprache, indem sie Wörter besitzt, die nur in der Region verstanden werden oder die von Außenstehenden, als zu einer bestimmten Region gehörend empfunden werden. Gleiches gilt für kleine Unterschiede in der Grammatik und der Aussprache.
Auch der Duden macht Fehler
Im Allgemeinen werden Regionalsprache und Dialekte für das gleiche gehalten. Der Duden begeht den gleichen Fehler in dem er Regionalsprache wie folgt definiert: „Sprache (Dialekt), die sich auf eine Region beschränkt oder funktional über ein begrenztes Gebiet hinaus nicht verwendbar ist“ (http://www.duden.de/rechtschreibung/Regionalsprache)*. Eine Sprache ist immer mehr oder weniger regional beschränkt, eine Ausnahme kann eventuell das Englische sein, dass als Weltsprache verstanden wird. ( Aber auch das Englische wird nur auf der Erde verstanden 😉 ). Der Duden setzt seine Definition mit einem Dialekt gleich. Was auf den ersten Blick auch stimmt, weil ein Dialekt die gleichen regionalen Einschränkungen hat wie eine Regionalsprache. Die Verbreitung einer dieser Sprachvarianten ist also kein Kriterium, mit deren Hilfe der Unterschied zwischen den Begriffen erklärt werden kann. Doch wenn man sich die Geschichte der Sprachen anguckt, wird der Unterschied schnell deutlich.
Woher stammen die norddeutschen Dialekte?
Im letzten Jahrhundert wurden die Dialekte mit der Begründung bekämpft, dass sie der Standardsprache unterlegen seien und ihr Erlernen den Kindern schaden würde. Sie würde schaden, weil die Kinder durch das gleichzeitige Erlernen beider Sprachen überfordert wären und diese miteinander vermischen würden. Dadurch würde die Standardsprache verschmutzt werden. Wenn von Dialekten gesprochen wurde, wurden die negativen Aspekte hervorgehoben und Dialekte wurden als die verzerrten und verschmutzen Töchter der Standardsprache dargestellt. Als simple „regionale Variante einer Sprache“ (http://www.duden.de/rechtschreibung/Dialekt)*. Diesen Menschen war wahrscheinlich nicht bewusst, dass Hochdeutsch (Standardsprache) und Plattdeutsch (Dialekt) lange Zeit als gleichwertige Sprachen nebeneinander existiert haben und dass sie miteinander verwandt sind, das Hochdeutsche im Süden Deutschlands und das Plattdeutsche (Niederdeutsche) im Norden des Landes. Das Hochdeutsche hat sich aber als Standardsprache in Schrift und Wort durchgesetzt, hat den örtlichen Dialekt verdrängt und ist in allen Regionen verständlich. Das Plattdeutsche blieb in der Region und wurde zur einer unwichtigeren Sprache, die nur von einer Minderheit verstanden wurde.
Zusammenfassend sind Dialekt und Standardsprache zwei unterschiedliche Sprachen, die vor mehreren Jahrhunderten nebeneinander existiert haben. Die Regionalsprache aber stammt von der Standardsprache ab. Sie ist eine junge Sprache, die dadurch entstand, dass ihre Benutzer unter anderem Wörter aus ihrem Dialekt in die Standardsprache integriert haben. „Moin“ ist ein Beispiel hierfür.
Woher kommt nun „Moin“?
Laut dem Duden stammt „Moin“ von dem ostfriesischen mōi bzw. vom mittelniederdeutschen moi(e) ‚schön, angenehm, gut’ ab (http://www.duden.de/rechtschreibung/moin__moin_)*. Das ostfriesische bzw. das Mittelniederdeutsche sind vereinfacht gesagt die Vorfahren des heutigen Plattdeutschen. „Moin“ ist also ein altes Wort, dass vom Mittelniederdeutschen an das Plattdeutsche weitergegeben wurde. Dadurch, dass sich die meisten Personen in Norddeutschland weiterhin mit „Moin“ gegrüßt haben und nicht das „Hallo“ aus dem Standarddeutschen übernommen haben, wurde „Moin“ auch Teil der Regionalsprache. Somit ist „Moin“ Teil des norddeutschen Dialekts, dem Plattdeutschen, aber es gehört auch zur Regionalsprache und wird von Außenstehenden als norddeutsch empfunden.
„… und so stark wie ihr schwächstes Glied“
Dialekte und Regionalsprachen sind Sprachen, die leicht von der Standardsprache verdrängt werden können. Viele Dialekte sind im letzten Jahrhundert verschwunden. Wenn eine Sprache eine Kette ist, dann sind die Benutzer einer Sprache ihre Glieder. Wird ein Glied schwach, weil es aufhört die Sprache zu benutzen, verschwindet diese. Eine Sprache ist also nur stark, solange sie benutzt wird. Je weniger sie benutzt wird, desto schwächer ist sie und desto schneller zerbricht und verschwindet sie.
Was bedeutet Sprache für euch? Was verbindet ihr mit ihr?
*Die Quellenverweise beziehen sich auf die elektronische Version des Dudens vom 4. April 2017.
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